RLboard
Fr, 29. März 2024, 10:28 *
News: Bitte lest im "Funktionoblikus" - "NEUE Homepage!!!"
Willkommen. Bitte einloggen oder registrieren.

Einloggen mit Benutzername, Passwort und Sitzungslänge
 
   Foren Übersicht|    zur Homepage|    Live Hören|   Hilfe| Suche| Einloggen| Registrieren|  
Seiten: [1]
  Drucken|  
Autor Thema: Spinnen mit Handspindel, Spindelrad und Spinnrad.  (Gelesen 11248 mal)
Drachenherz
Gast


E-Mail
« am: Mo, 26. Dezember 2011, 15:02 »

Für alle, die gerne Ihre Fasern selber verarbeiten.  

Ich notiere zuerst die wichtigsten Begriffserklärungen. Wer diese bereits kennt, darf den farbigen Absatz geflissentich ignorieren.

Spinnen gehört im allgemeinen neben dem Weben zu den ältesten nachgewiesenen handwerklichen Tätigkeiten der Menscheit (vgl. Vogt, die Geschichte und Bedeutung des Spinnrades)

Handspindel:
Ein Spinngerät, daß in der Moderne sich am einfachsten aus eine Bleistift, einer CD und zwei Haargummis als sog. "CD - Spindel" herstellen lässt. Die Handspindel lässt sich bis ca. 6.000 B.C. im Mittelmeerraum  nachweisen.  Sie war bis ins hohe Mittelalter das Werkzeug der Garnherstellung in Europa.
Dornröschen hat sich in dem gleichnamigen Märchen an einer Spindel gestochen, die einen Spinnstab aus Metall hatte. Dieser sorgte dafür, daß eine herrunterfallende Spindel sich in den Boden bohrte und das Garn nicht schmutzig wurde. Eine sinnvolle Arbeitserleichterung für Berufsspinnerinnen also.

Spindelrad:
Gibt es seit der 6. chinesischen Dynastie in Asien. Ich bitte um eine Korrektur, wenn jemand genauere Zahlen hat.
Ein Europa sind sie ab 1370/ 1380 auf historischen Abbildungen aus Britanien nachweisbar.
Diese Räder haben noch kein Fußpedal und keinen Spinnflügel, der das Garn beim Spinnen auf eine Spule wickelt. Es gab im Arbeitsprozess immer wieder Spinn- und Aufwickelphasen die einander abgewechselt haben.

Spinnrad:
Das erste Spinnrad mit einem U - förmigen Flügel lässt sich ab 1475 in einem Hausbuch auf Burg Wolfegg nachweisen. Es hatte noch kein Fußpedal.
Spinnräder mit Fußpedalen sind erst ab 1587 bekannt. Über den konkreten Erfinder wird noch in Fachkreisen diskutiert.


Männer und Spinnen:
Das Spinnen war in der gesamten Vor- und Frühgeschichte Mädchen- und Frauenarbeit. Dies geht aus den erhaltenen Buchmalereien und anderen mediävistischen Quellen hervor. Ich habe in einer Abhandlung aus der Alamannenzeit gelesen, daß in einigen Jungengräbern Spinnwirtel als Grabbeigaben gefunden wurden. Dies legt die Vermutung nahe, daß auch Jungen bis zu Ihrer Pupertät gesponnen haben, ehe sie in den Kreis der erwachenen Männer aufgenommen wurden. Die Bevölkerungsdichte des frühen Mittelalters und der damit verbundene "Garnhunger" (und der damit vebundene Bedarf an gewebten Stoffen) sind denkbare Ansätze, die dafür sprechen.
Es spricht dagegen, daß die Bevölkerungsdichte deutlich niedriger war als Heute. Wir werden erst genaueres durch eine Zeitreise und eine konkrete Feldstudie erfahren können. Bis dahin bleiben uns nur Spekulationen wie es gewesen sein könnte.

Spinnen und die Philosophie:
Nahezu Jede(r) kennt den entwertenden Ausdruck "Du spinnst!" oder "Ich/du drehe(st) gerade am Rad".
Dieser stammt aus sog. "Irrenhäusern" bzw. Nervenheilanstalten des 18. Jahrhunderts. Die Insassen mussten mit dem Spinnrad ihren Lebensunterhalt verdienen.
Mehr dazu findet Ihr unter anderem auf www.spinnradclub.de unter "Sprichwörter und Zitate".

Spinnen kann auch etwas positives im Leben sein, wie folgendes Zitat von Mahatma Gandhi zeigt...
The music of the wheel will be as alm to your soul.
I believe that the yarn we spin is capable of mending the broen warp and woof of our life.
The spinning wheel is a symbol of nonviolence on which all life, if it is to be a real life, must be based.


 Hier ist eine Übersetzung, die ich von den Mitgliedern der Handspinngilde e.V. bekommen habe...

"Nimm Zuflucht zum Spinnen, damit sich der Geist beruhigt. Die Musik des Rades ist Balsam für unsere Seele.
Ich glaube, das Garn, das wir spinnen, ist in der Lage, die Risse in Kette und Schuss unseres Lebens zu flicken.
Das Spinnrad ist das Symbol der Gewaltlosigkeit, auf der alles Leben –wenn es denn ein richtiges Leben sein soll- beruhen muss."


Spinnen und Therapie:
Es gibt in verschiedenen therapeutischen Disziplinen die Idee das Spinnen als Medium für eine therapeutsiche Arbeit einzusetzen.
Mir sind unter anderem Überlegungen aus der Ergotherapie, der Logopädie und der sozialen Arbeit bekannt. Ich verfolge diese Überlegungen sehr aufmerksam; insbesondere weil es sehr wenige Abhandlungen darüber gibt.

Eine Gestaltpädagogin und psychologische Psychotherapeutin hat einmal in ihren eigenen Blog die Zeilen geschrieben. "Ich spinne Lebensfäden - ich webe Tücher von Lebensphasen und Lebensabschnitten." Der Name der Verfasserin ist mir leider unbekannt.  Mir persönlich gefällt diese Betrachtungsweise.

***

Diese Zeilen sind einige wenige Aspekte des Spinnens. Ich hoffe das ich Dich als geneigte Leserin/ als geneigter Leser ein wenig neugierig machen konnte.
Wer mag, kann gerne sein(e) Garn(e) in diesem Thema vorstellen, über Fasern diskutieren oder die eine oder andere Frage zum spinnen stellen oder beantworten.
Ich denke, daß hier ebenfalls Platz für philosophische Gedanken rund um das Spinnen ist; so lange niemand ein Veto einlegt.

Die Quellenangaben werden auf Wunsch nachgereicht.
An alle kulturhistorich interessierten. Bitte bedenkt, daß die Aussagen in diesem Thema nicht die eigene Recherche ersetzen (können). ^^

bis bald,

das Drachenherz.
« Letzte Änderung: Mo, 26. Dezember 2011, 15:10 von Drachenherz » Gespeichert
Eowyn
Geselle
**
Offline Offline

Beiträge: 45



Profil anzeigen E-Mail
« Antworten #1 am: Mo, 26. Dezember 2011, 19:47 »

ein sehr interessantes Thema, wie ich meine. Die Spinnerei führt allerdings noch viel weiter in die Vergangenheit.
Die Spinnerei gilt in der Mythologie als Erfindung der griechischen Göttin Athene ( glaub ich )

Das Spinnen wurde übrings von dern Spinnentieren namentlich übernommen. Die Spinne gilt als fleissiges Tier, welches sich den Faden selbst spinnt und davon ein Netz webt, welches im Einklang mit der Spinnerei und Weberei zusammengelegt hat.
Gespeichert
Drachenherz
Gast


E-Mail
« Antworten #2 am: Mo, 26. Dezember 2011, 23:16 »

Danke, Eowyn. Du sprichst hier ein wichtiges Thema mit an. Das Spinnen und die Mythologie in den verschiedenen Kulturen.
Laut Vogt ist das Spinnen in nahezu sämtlichen Kulturen bekannt. Es gibt wenige Ausnahmen.

Einer der eindrucksvollsten europäischen Belege sind die griechischen Göttersagen und die nordischen Sagas.
Bei den Griechen gibt es Moira, die Hüterin der Schicksalsfäden.
Bei den nordischen Sagas sind es die Narna oder Nornen; die drei Spinnerinnen des Schicksals und die Hüterinnen der Schicksalsfäden.

Der Begriff "Spinnen"...
hat viele Ursprünge. Eine davon ist mit Sicherheit die Eigenschaft der Arachnen (Spinnentiere). Eine andere Herleitungstheorie beruht auf das indogermansiche Wort "Spinan" = etwas das sich dreht.
Die Linguistik ist sich über die genaue Herkunft nicht enig und bewertet sämtliche existierenden Erklärungen für das Wort "Spinnen" als gleichwertig.
Gespeichert
WeinSelig
Gast


E-Mail
« Antworten #3 am: Mi, 04. Januar 2012, 00:03 »

noch ein Spinnrad,

Da fällt mir noch was ein. Es gibt da noch einen ganz mysteriösen Spinn. Der (und das ist gerade das mysteriöse daran) ist absolut unvorstellbar aber so real, dass er sogar technisch verwendet werden kann. So hat Licht und so haben Elektronen einen Spinn. Ein Elektron ist so klein, das es keine Ausdehnung hat. Wie soll sich ein Ding ohne Ausdehnung drehen. Aber es tut es, ganz eindeutig. Man nennt das einen intrinsischen Spinn. Aber keiner weiß was das ist. Und dieser Spinn funktioniert so gut dass du damit ein Gerät bauen kannst, den Kernspintomograph. Hier steckt auch dieses Wort drin. Das Ganze ist also ein großes Spinnrad in dem sich ganz kleines dreht. Und das Ganze geht so gut dass unser Medizinmann mit dem Ding sogar arbeiten kann. Wie gesagt, der ist so unvorstellbar, aber so zuverlässig dass dazu kein Mythos je eingefallen ist.

Ist mir nur so eingefallen  :sil_eek:

Euer WeinSelig
Gespeichert
Unkas
Laboreule
RadioTeam
Fabelwesen
*****
Offline Offline

Beiträge: 1206



Profil anzeigen E-Mail
« Antworten #4 am: Mi, 04. Januar 2012, 00:20 »

Da meldet der Mann sich einmal zu Wort und dann sowas!  :w_zwink: Es hat schon etwas Verwegenes, den Kernspintomographen mit dem guten alten Spinnrad zu vergleichen und das Erstaunlichste ist, dass es da tatsächlich Parallelen gibt!  :w_thumbs:
Gespeichert
Marktstreunerin
Burgbewohner
***
Offline Offline

Beiträge: 87


Cogito, ergo toctoc: Ich denke, also spinn ich


Profil anzeigen E-Mail
« Antworten #5 am: So, 28. Mai 2017, 21:09 »

Jaja, mich hat der Spinnvirus jedenfalls reichlich infiziert. Bin ja schon feste am Produzieren. Bislang sind Beinstulpen, Handstulpen, eine Handtasche inklusive Gurt, zwei Stirnbänder und ein Halswärmer entstanden. Und jede Menge Garn  XD. Bei meinen Basteleien kann ich bei Gelegenheit mal paar Bilder noch reinstellen, falls es wen interessiert.
Und ja, ich habs mit dem Glitzi  :pfeif:
Im Moment verspinn ich Glitzerwolle, die auf einem Markt jemand "Einhornwolle" nannte, weils Regenbogenglitzernylon drin hat  :sonne_grin:
Und auch wenn ich gern mal am Rad dreh ...
Am meisten mag ich das mittelalterliche Spinnen mit Spinnrocken und Handspindel.
Gespeichert

Cogito, ergo toctoc: Ich denke, also spinn ich (in jederlei Hinsicht) :-D
Lori
RadioTeam
Edelleute
*****
Offline Offline

Beiträge: 148


Profil anzeigen E-Mail
« Antworten #6 am: Mo, 29. Mai 2017, 05:56 »


Am meisten mag ich das mittelalterliche Spinnen mit Spinnrocken und Handspindel.

Ja, gestern erst habe ich Day gestanden, dass ich wollsüchtig bin und deswegen regelmäßig zur Therapiegruppe, also zum Spinntreffen, muss... :lol:
Gespeichert
Marktstreunerin
Burgbewohner
***
Offline Offline

Beiträge: 87


Cogito, ergo toctoc: Ich denke, also spinn ich


Profil anzeigen E-Mail
« Antworten #7 am: Mo, 29. Mai 2017, 17:03 »

DAS, liebe Lori, kann ich bestens nachvollziehen. Leider, leider trifft sich meine Spinngruppe nur einmal im Monat  :-(. Und ich konnte das letzte Mal nich und bis zum nächsten Mal dauerts noch sooooooo lange  :heul:.
Gespeichert

Cogito, ergo toctoc: Ich denke, also spinn ich (in jederlei Hinsicht) :-D
Seiten: [1]
  Drucken|  
 
 


News: Bitte lest im "Funktionoblikus" - "NEUE Homepage!!!"


SMF 2.0.12 | SMF © 2016, Simple Machines Radio Legende by nimue © 2011