Für alle, die gerne Ihre Fasern selber verarbeiten.
Ich notiere zuerst die wichtigsten Begriffserklärungen. Wer diese bereits kennt, darf den farbigen Absatz geflissentich ignorieren.
Spinnen gehört im allgemeinen neben dem Weben zu den ältesten nachgewiesenen handwerklichen Tätigkeiten der Menscheit (vgl. Vogt, die Geschichte und Bedeutung des Spinnrades)
Handspindel:
Ein Spinngerät, daß in der Moderne sich am einfachsten aus eine Bleistift, einer CD und zwei Haargummis als sog. "CD - Spindel" herstellen lässt. Die Handspindel lässt sich bis ca. 6.000 B.C. im Mittelmeerraum nachweisen. Sie war bis ins hohe Mittelalter das Werkzeug der Garnherstellung in Europa.
Dornröschen hat sich in dem gleichnamigen Märchen an einer Spindel gestochen, die einen Spinnstab aus Metall hatte. Dieser sorgte dafür, daß eine herrunterfallende Spindel sich in den Boden bohrte und das Garn nicht schmutzig wurde. Eine sinnvolle Arbeitserleichterung für Berufsspinnerinnen also.
Spindelrad:
Gibt es seit der 6. chinesischen Dynastie in Asien. Ich bitte um eine Korrektur, wenn jemand genauere Zahlen hat.
Ein Europa sind sie ab 1370/ 1380 auf historischen Abbildungen aus Britanien nachweisbar.
Diese Räder haben noch kein Fußpedal und keinen Spinnflügel, der das Garn beim Spinnen auf eine Spule wickelt. Es gab im Arbeitsprozess immer wieder Spinn- und Aufwickelphasen die einander abgewechselt haben.
Spinnrad:
Das erste Spinnrad mit einem U - förmigen Flügel lässt sich ab 1475 in einem Hausbuch auf Burg Wolfegg nachweisen. Es hatte noch kein Fußpedal.
Spinnräder mit Fußpedalen sind erst ab 1587 bekannt. Über den konkreten Erfinder wird noch in Fachkreisen diskutiert.
Männer und Spinnen: Das Spinnen war in der gesamten Vor- und Frühgeschichte Mädchen- und Frauenarbeit. Dies geht aus den erhaltenen Buchmalereien und anderen mediävistischen Quellen hervor. Ich habe in einer Abhandlung aus der Alamannenzeit gelesen, daß in einigen Jungengräbern Spinnwirtel als Grabbeigaben gefunden wurden. Dies legt die Vermutung nahe, daß auch Jungen bis zu Ihrer Pupertät gesponnen haben, ehe sie in den Kreis der erwachenen Männer aufgenommen wurden. Die Bevölkerungsdichte des frühen Mittelalters und der damit verbundene "Garnhunger" (und der damit vebundene Bedarf an gewebten Stoffen) sind denkbare Ansätze, die dafür sprechen.
Es spricht dagegen, daß die Bevölkerungsdichte deutlich niedriger war als Heute. Wir werden erst genaueres durch eine Zeitreise und eine konkrete Feldstudie erfahren können. Bis dahin bleiben uns nur Spekulationen wie es gewesen sein
könnte. Spinnen und die Philosophie:Nahezu Jede(r) kennt den entwertenden Ausdruck "Du spinnst!" oder "Ich/du drehe(st) gerade am Rad".
Dieser stammt aus sog. "Irrenhäusern" bzw. Nervenheilanstalten des 18. Jahrhunderts. Die Insassen mussten mit dem Spinnrad ihren Lebensunterhalt verdienen.
Mehr dazu findet Ihr unter anderem auf
www.spinnradclub.de unter "Sprichwörter und Zitate".
Spinnen kann auch etwas positives im Leben sein, wie folgendes Zitat von Mahatma Gandhi zeigt...
The music of the wheel will be as alm to your soul.
I believe that the yarn we spin is capable of mending the broen warp and woof of our life.
The spinning wheel is a symbol of nonviolence on which all life, if it is to be a real life, must be based. Hier ist eine Übersetzung, die ich von den Mitgliedern der Handspinngilde e.V. bekommen habe...
"Nimm Zuflucht zum Spinnen, damit sich der Geist beruhigt. Die Musik des Rades ist Balsam für unsere Seele.
Ich glaube, das Garn, das wir spinnen, ist in der Lage, die Risse in Kette und Schuss unseres Lebens zu flicken.
Das Spinnrad ist das Symbol der Gewaltlosigkeit, auf der alles Leben –wenn es denn ein richtiges Leben sein soll- beruhen muss." Spinnen und Therapie: Es gibt in verschiedenen therapeutischen Disziplinen die Idee das Spinnen als Medium für eine therapeutsiche Arbeit einzusetzen.
Mir sind unter anderem Überlegungen aus der Ergotherapie, der Logopädie und der sozialen Arbeit bekannt. Ich verfolge diese Überlegungen sehr aufmerksam; insbesondere weil es sehr wenige Abhandlungen darüber gibt.
Eine Gestaltpädagogin und psychologische Psychotherapeutin hat einmal in ihren eigenen Blog die Zeilen geschrieben. "Ich spinne Lebensfäden - ich webe Tücher von Lebensphasen und Lebensabschnitten." Der Name der Verfasserin ist mir leider unbekannt. Mir persönlich gefällt diese Betrachtungsweise.
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Diese Zeilen sind einige wenige Aspekte des Spinnens. Ich hoffe das ich Dich als geneigte Leserin/ als geneigter Leser ein wenig neugierig machen konnte.
Wer mag, kann gerne sein(e) Garn(e) in diesem Thema vorstellen, über Fasern diskutieren oder die eine oder andere Frage zum spinnen stellen oder beantworten.
Ich denke, daß hier ebenfalls Platz für philosophische Gedanken rund um das Spinnen ist; so lange niemand ein Veto einlegt.
Die Quellenangaben werden auf Wunsch nachgereicht.
An alle kulturhistorich interessierten. Bitte bedenkt, daß die Aussagen in diesem Thema nicht die eigene Recherche ersetzen (können). ^^
bis bald,
das Drachenherz.